ode an die revolutionsstadt
dein herz
unrythmisch und laut
sorgsam verstecktes
durch schreie aufgetaut
der schmerz
um krankheit und not
weckten angst nach ersticken
der hoffnung und nach tod
im grund
des verzweifelten seins
reckten sich kämpfende hände
gegen die gefahren des scheins
im bund
mit der gestaltwerdung des lichts
schütteten mutige sinne
wahrheit über das nichts
dieses lag
alles erstickend über den straßen
es verbarg lichtscheu sein antlitz den massen
kein grund nun es in gründe sickern zu lassen
deren unendlichkeit noch wege
je einer kann fassen
es wird sich in abflüssen und kellern verstecken
um im rechten moment die hände zu recken
nach allem was jetzt lieb und teuer
dies schützt vor diesem ungeheuer
gebt acht gen leichtsinn zu glauben
die ehemals blinden und tauben
könnten weder sehen noch hören
zumindest wollten sie dieses stören
so faßt euch gemeinsam an die hände
so atmet und lernt die kritik eurer zeit
ernährt euch von hoffnung
auf dass sie fände was ihr alle in wirklichkeit seid
und
nehmt beispiel an dem soldaten am ring
der zwischen gewandhaus und oper ging
in uniform direkt in die massen
er hatte die seinen längst verlassen
und niemand wird ihn für die zeit hassen
in der er noch zweifelnd im zuge stand
ebenso wie der arbeiter von nebenan
der heute noch nicht fassen kann
was sich nun alles verändert hat
und daß ein jeder in seiner stadt
jetzt jeden gedanken benennen kann
doch muß er sich erst mal gewöhnen daran
zu schnell ging die zeit
die selbst großes leid
abrupt unterbrach
freunde gebt nach
und laßt den zögernden zeit
doch derweil - schreit!
ihr werdet es richten
mit geduld und mit kraft
auf daß ihr den größten reichtum euch schafft
eine stadt zu bevölkern
mit mut und stolz
die selbst zu bewohnen ein jeder wollt
*Hier klicken zum Start des Gedichtbandes -> “Kopfgeburt - mit der Glocke am Kragen” von Jens Thieme, 1992.