Das schwarze Loch

Stasihaft 25. Januar 1986

Es ist eine Herausforderung, beschäftigt zu bleiben, wenn man nur sich selbst hat.

Die Hälfte der Zeit ist es stockdunkel, so dass nur ich da bin.

Tagsüber fällt ein fader Lichtschein vom Fensterschacht in die Zelle.

 

Habe einen Weg zum Zeichnen gefunden!

Abreiben der Wandfarbe mit Schnürsenkeln.

Ich benutze die Schnürsenkel wie einen Pinsel und male ein Schachbrett in die Innenseite meiner Jacke.

Stasi Haft Kellerzelle Licht

Ich habe einen halben Tag gebraucht, um Toilettenpapier in Schachfiguren zu formen.

Habe heute mein erstes Spiel gegen mich selbst gespielt.

Die Meisterschaft beginnt morgen.

 

Das hilft auch, tagsüber nicht einzuschlafen.

Ich muss in der Nacht so erschöpft sein, wie ich nur sein kann.

Erfand eine Reihe von Übungen am Metallgitter, um nachts müde zu werden.

 

Ich kann nur nach dem Abendessen trainieren.

Tagsüber bin ich zu schwach.

Das schwarze Loch erwartet mich.

*Zeitzeugenbericht -> Beginn. Dieser Blogeintrag ist Teil eines linear erzählten Zeugenberichts des Zeitzeugen Jens Thieme der 1985-1986 als politischer Häftling in verschiedenen DDR Gefängnissen vom DDR Ministerium für Staatssicherheit eingesperrt wurde. Stasihaft, Stasi-Haft, Stasi Haft, Stasigefängnis, Stasi-Gefängnis, Stasi Gefängnis.
Jens Thieme

Playing hard, living loud, moving around fast, resting deep and enjoying it all.

https://jens.thie.me
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