Karo, ohne Filter
Stasi Haft 29. Juli 1985
3:30 Uhr: Aufwachen!
Laute Lautsprecher in den Fluren.
Nachts werden die Türen verschlossen.
10 Minuten nach dem Geschrei aus den Lautsprechern springen die Türen auf.
Ein mürrischer Wachmann schreit alle an, sich bereit zu machen.
Ich bin heute für weitere Verwaltungsaufgaben freigestellt.
Die Jungs haben mir von ihrer Arbeit erzählt.
Jeden Werktagmorgen werden sie mit dem Bus zu einer grossen Fabrik gefahren.
Dumme, langweilige Akkordarbeit für Möbelteile mit Exzenterwellenpressen.
Der Arzt sieht sich mein Handgelenk noch einmal an und sagt dem Wachmann, dass ich nächste Woche arbeiten kann.
Sie erklären mir die "kommerzielle Seite" der Dinge:
Du arbeitest, du bekommst Geld, du kannst einkaufen.
Spielgeld.
Der "Laden" verdient den Namen nicht.
Billige Hygieneartikel, Tee und trockene Kekse.
Und natürlich Zigaretten.
Ich rauche inzwischen 3 Päckchen am Tag.
Schwarzer Tabak, ohne Filter.
Mein letztes echtes Geld für 20 Packungen ausgeben.
Das wird mir bis nächste Woche reichen.
Ich müsste für die Kippen arbeiten.
*Zeitzeugenbericht -> Beginn. Dieser Blogeintrag ist Teil eines linear erzählten Zeugenberichts des Zeitzeugen Jens Thieme der 1985-1986 als politischer Häftling in verschiedenen DDR Gefängnissen vom DDR Ministerium für Staatssicherheit eingesperrt wurde. Stasihaft, Stasi-Haft, Stasi Haft, Stasigefängnis, Stasi-Gefängnis, Stasi Gefängnis.