Schlechtes Essen
Stasi Haft 3. Oktober 1985
Das schlechte Essen ist wieder da.
Montags bis freitags.
Isolationshaft.
Ich kann meinen Vorrat nicht mitnehmen.
Aber ich habe etwas Bargeld bei mir.
Vielleicht kann ich einen der Kriminellen bestechen.
Sie bedienen den Zellenblock.
Reinigung, Essensausgabe.
Ein Typ ist freundlich.
Ich habe ihm gutes Geld für verschiedene Produkte versprochen.
Heute hat er mir erzählt, dass es wieder keinen Transport gibt.
Die zweite Woche in Folge, ohne dass jemand packt.
Viele haben Angst deswegen.
Was, wenn sie das Programm beenden?
Den ganzen Tag allein zu sein, ist nicht hilfreich.
Ich verbringe meine Tage mit Lesen und kleinen dummen Spielen.
Bei uns kommt die Zeitung jeden Tag.
Mein Arm juckt im Gips.
Ich habe heute einen Brief von Mama bekommen.
Sie sind auf der Suche nach neuen Jobs.
Raus aus ihren staatlich kontrollierten Unternehmen.
Ich kann es kaum erwarten, morgen wieder zu den Jungs zu gehen.
Nur für das Wochenende, bis Montag wieder.
Es ist schwer, in diesen Tagen niemanden zum reden zu haben.
Das Denken wird lauter.
Ich versuche auf glückliche Gedanken zu kommen.
Es tut weh, wenn ich an meine Familie denke.
*Zeitzeugenbericht -> Beginn. Dieser Blogeintrag ist Teil eines linear erzählten Zeugenberichts des Zeitzeugen Jens Thieme der 1985-1986 als politischer Häftling in verschiedenen DDR Gefängnissen vom DDR Ministerium für Staatssicherheit eingesperrt wurde. Stasihaft, Stasi-Haft, Stasi Haft, Stasigefängnis, Stasi-Gefängnis, Stasi Gefängnis.