Die Anderen
Stasi Gefängnis Naumburg 28. September 1985
Nach ein paar Tagen Einzelhaft geht es am Wochenende zurück ins Team.
Ich werde drei Monate lang hin- und herziehen, solange ich nicht arbeiten kann.
Auch die streikenden Genossen werden so behandelt.
Nur: Sie bleiben auch an den Wochenenden in Einzelhaft, bis sie den Streik beenden.
Es ist schon komisch, dass ich darüber nachgedacht habe, die Arbeit abzulehnen, und jetzt bin ich gezwungen, sie aufzugeben.
Ich werde mich nicht beschweren, da ich mich dort selbst beschäftigen kann.
Der andere Block ist ein bisschen neuer und ruhiger.
Allerdings scheinen sich die Kriminellen, die diesen Block bedienen, freier zu bewegen.
Bei uns sieht man sie kaum, es sei denn, man tauscht die Kleidung aus oder geht in die Küche.
Einige von ihnen verbringen sogar Zeit mit Chatten.
Ich werde versuchen, bei ihnen einzukaufen, wenn ich jemanden finde, der leicht korrumpierbar ist.
Ich bin dort auf lausige Knastlebensmittel angewiesen, was wohl Teil des Plans ist.
Ich bin froh, das Wochenende mit Konrad und den Jungs zu verbringen.
Wir trinken viel schwarzen Tee und essen zusammen.
Donnerstag gab es keinen Transport.
Das kommt gelegentlich vor.
Dadurch, dass ich umhergezogen bin, bekomme ich ein bessere Lagebild hier drin.
Es ist schwer vorstellbar, dass hier über 700 Häftlinge untergebracht sind, es sind nur drei Blocks.
*Zeitzeugenbericht -> Beginn. Dieser Blogeintrag ist Teil eines linear erzählten Zeugenberichts des Zeitzeugen Jens Thieme der 1985-1986 als politischer Häftling in verschiedenen DDR Gefängnissen vom DDR Ministerium für Staatssicherheit eingesperrt wurde. Stasihaft, Stasi-Haft, Stasi Haft, Stasigefängnis, Stasi-Gefängnis, Stasi Gefängnis.