Spielgeld
Stasi Haft 18. Juli 1986
172 Mark.
Das ist mein gesamtes "Gehalt".
Und ich soll alles ausgeben.
Sie sagen mir, dass ich hier nichts mitnehmen darf.
"Wie viel Zeit werde ich haben, um das alles zu konsumieren?"
"Offiziell endet Ihre Strafe am 13. August."
Wow, ich bin mit dumm.
"Und was passiert, wenn ich vorher gehe?"
"Darauf darf ich Ihnen keine Antwort geben."
Ok, ich gebe auf.
Ich kaufe 20 Schachteln Zigaretten und Dutzende Packungen Kekse.
Als wir in unsere Zelle zurückkehren, werfen wir alles in einen Spind, damit jeder nehmen kann, was er will.
Ein erster Akt der absoluten Leichtigkeit und Freiheit.
Eine spielerische Art, sich nicht mehr zu kümmern.
Ich muss mich nicht mehr darum kümmern.
Das hoffen wir alle.
Es gibt einige Gerüchte.
Von Leuten, die immer noch durch die falsche Tür gingen.
“Das kann nicht sein", das sage ich mir den ganzen Tag.
Am Nachmittag habe ich angefangen, einige Papiere zu unterschreiben.
Ein alter Fotograf, der nach Knoblauch und Schnaps stank.
Auch das habe ich seit 1,5 Jahren nicht mehr gerochen.
Wir lehnten den "freien Spaziergang" im ummauerten Gefängnishof ab.
Bald wird uns der gesamte Planet zur Verfügung stehen, auf dem wir nach Herzenslust herumlaufen können.
*Zeitzeugenbericht -> Beginn. Dieser Blogeintrag ist Teil eines linear erzählten Zeugenberichts des Zeitzeugen Jens Thieme der 1985-1986 als politischer Häftling in verschiedenen DDR Gefängnissen vom DDR Ministerium für Staatssicherheit eingesperrt wurde. Stasihaft, Stasi-Haft, Stasi Haft, Stasigefängnis, Stasi-Gefängnis, Stasi Gefängnis.