Zehn Minuten

Stasi Haft 25. Juni 1985

Zehn Minuten!

Das war eine kurze Kaffeepause oder eine Diskussion am Wasserspender.

Die "Jury" kam zu einem Urteil, was für ein verdammt grosser Aufwand das war!

Vor allem, weil mein staatlich geförderter Anwalt gerade zweimal genickt hat.

Der Rest des Programms war sowieso nur ein Drehbuch.

Inszenierte Strafverfolgung durch und durch.

"Im Namen des Volkes!"

1 Jahr und 4 Monate.

Ich bin erleichtert!

Verurteilt zu 1 Jahr und 4 Monaten "im Namen des Volkes".

Das “Volk" wird mir verzeihen: FUCK YOU!

Ereignislose Reise zurück in die Zelle.

Meine Kameraden gratulieren mir.

Über den Ort, an dem ich die Strafe verbüssen werde, wurden keine Angaben gemacht.

Über die Optionen ist nicht viel bekannt.

Ich werde es schon sehen.

Es ist vorbei, hier.

Die letzten Tage mit den Jungs werde ich noch geniessen.

Ich spiele Karten, mache mir Sorgen um meine Familie und träume.

Das wird mich vom Denken abhalten.

Bewahrt mich vor Zorn.

Meistens.

Hoffnung.

Furcht.

Ich.

*Zeitzeugenbericht -> Beginn. Dieser Blogeintrag ist Teil eines linear erzählten Zeugenberichts des Zeitzeugen Jens Thieme der 1985-1986 als politischer Häftling in verschiedenen DDR Gefängnissen vom DDR Ministerium für Staatssicherheit eingesperrt wurde. Stasihaft, Stasi-Haft, Stasi Haft, Stasigefängnis, Stasi-Gefängnis, Stasi Gefängnis.